Depression im Kindes- und Jugendalter: Symptome und Diagnose

Depression im Kindes- und Jugendalter: Symptome und Diagnose

Depressionen bei Jugendlichen nehmen zu. Je früher eine Depression behandelt wird, desto besser ist ihre Prognose. Da Kinder andere Symptome zeigen können als Erwachsene, ist es wichtig, die Anzeichen zu kennen.

Wie häufig ist eine Depression bei Kindern und Jugendlichen?
Unter den Kindern leiden 1-2% an einer Depression, im Jugendalter nimmt die Erkrankung zu. Rund 10% der Jugendlichen erkranken an einer Depression. Während Knaben und Mädchen vor der Pubertät ähnlich stark betroffen sind, erkranken die Mädchen im Jugendalter häufiger. Über die verschiedenen Lebensspannen gesehen (Schweizer Gesundheitsbefragung der 15 – +75-Jährigen), sind Depressionen in der Altersgruppe der 15-24-jährigen Personen am häufigsten. Trotz dieser Häufigkeit gehört die Depression zu den psychischen Erkrankungen mit der höchsten Behandlungsverzögerung im Kindes- und Jugendalter.

Symptome – anders als bei Erwachsenen
Ein Grund für die Behandlungsverzögerung könnte sein, dass sich die Anzeichen für eine Depression altersabhängig unterscheiden. Die Hauptmerkmale von Depression bei Erwachsenen (gedrückte Stimmung, Interessenverlust, verminderter Antrieb) stehen bei Kindern und Jugendlichen nicht unbedingt im Vordergrund. Während depressive Säuglinge durch Apathie sowie Gedeih- und Entwicklungsstörungen auffallen, ändert sich bei Kleinkindern das Spielverhalten oder der Appetit, sie weinen mehr, sind ängstlicher oder haben plötzlich wieder Mühe, den Urin zurückzuhalten. Auch Schulkinder können durch häufiges Weinen auffallen, sie ziehen sich vermehrt zurück, berichten wiederholt über körperliche Beschwerden (Bauchschmerzen, Kopfschmerzen, Brustschmerzen), zeigen weniger Motivation und Fantasie oder erleben einen Leistungsabfall in der Schule.

Symptome in der Adoleszenz
In der Adoleszenz stehen bei männlichen Jugendlichen häufiger Reizbarkeit, Impulsivität und Verweigerung (welche möglicherweise Antriebsarmut verdeckt) im Vordergrund, bei den weiblichen Jugendlichen zeigen sich vermehrt Stimmungsschwankungen. Einschlafstörungen sind bei beiden sehr häufig. Tagesmüdigkeit und Konzentrationsstörungen fallen in der Schule auf, in der Freizeit der soziale Rückzug und die Flucht in virtuelle Inhalte. Selbstverletzungen, Suizidgedanken und Suizidversuche sind ebenfalls Symptome einer Depression. Suizide sind nach Unfällen die häufigste Todesursache im Kindes- und Jugendalter. Auch bei Kindern und Jugendlichen gilt: Suizidgedanken unbedingt ansprechen, dies wirkt entlastend für die Betroffenen. Wie bei Erwachsenen kann sich der Verlust von Interessen und Antrieb bemerkbar machen, begleitet von gedrückter Stimmung und der Unfähigkeit Freude zu empfinden. Während die Symptome bei Erwachsenen häufig am Morgen besonders ausgeprägt sein können, berichten Kinder und Jugendliche eher von einem Abendtief. Typisch ist zudem, dass die depressive Stimmung bei Jugendlichen auch immer wieder durch gute Phasen und Ablenkung unterbrochen wird. Die Jugendlichen gehen aus, lachen, verbringen Zeit mit Gleichaltrigen und sobald sie zuhause die Zimmertüre schliessen, macht sich die Depression erneut bemerkbar.

Diagnose 
Nicht nur die Stimmungsschwankungen sowie deren Abgrenzung von normalen Adoleszenz-bezogenen Verhaltensänderungen, sondern auch die Überschneidung mit anderen psychiatrischen Krankheiten kann die Diagnose erschweren und die geeignete Behandlung hinauszögern. Gewichtsabnahme oder -zunahme erschwert die Abgrenzung zur Essstörung, psychotische Symptome können auch im Rahmen einer schweren Depression auftreten und Impulsivität, Aggression und kognitive Beeinträchtigungen müssen von einem ADHS unterschieden werden. Jugendliche mit Depressionen leiden zudem häufig unter mehreren Erkrankungen gleichzeitig. Von den Personen mit ADHS erkranken 30-40% in ihrem Leben an einer Depression, möglicher Frust und Scheitern in Schule und Beruf machen sie dafür besonders vulnerabel. Da sich insbesondere die medikamentöse Behandlung der Erkrankungen stark unterscheidet, ist eine ausführliche Abklärung, die sämtliche möglichen Begleiterkrankungen im Blick behält, zentral.
Ebenfalls wichtig ist, die mögliche depressive Erkrankung nicht isoliert zu betrachten. Eine ganzheitliche Einschätzung des Kindes oder Jugendlichen umfasst nebst auffälligen Symptomen auch vorbestehende Entwicklungsstörungen, Intelligenz, begleitende körperliche Erkrankungen sowie das Umfeld und besondere Umstände wie beispielsweise Umzüge, Einschulung oder Trennung der Eltern. Erst der Einbezug all dieser Aspekte, validierte symptombezogene Tests und Fragebogen sowie die Einschätzung durch Expertinnen oder Experten erlauben eine verlässliche Diagnose. 

Teil 2: Ursachen
Teil 3: Behandlung
Teil 4: Patientengeschichte

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