Der grüblerische Denkprozess ist eine dysfunktionale Strategie, wenn es darum geht, mit der eigenen depressiven Verstimmung umzugehen und diesen Zustand – wenn möglich – zu verbessern. Wie wir jedoch im zweiten Beitrag beschrieben haben, verfangen sich betroffene Personen in einen Teufelskreis, in dem sich die Symptome – durch den ständigen Fokus darauf – verschlimmern und so das Grübeln über eben diese Symptome weiter zunimmt. Dieser Denkprozess kann den Krankheitsverlauf verschlechtern und die Psychotherapie indirekt beeinträchtigen. Deshalb bildet die Behandlung dieses grüblerischen Denkprozesses einen wichtigen Baustein der Psychotherapie. Im Folgenden beschreiben wir verschiedene Ansätze, wie das Grübeln behandelt werden kann.
Kognitive Umstrukturierung
Die kognitive Umstrukturierung bildet das Kernstück der kognitiven Verhaltenstherapie. Während der kognitiven Umstrukturierung werden problematische Denkmuster auf Realitätsbezug, Logik sowie Funktionalität überprüft. Dabei sollen diese dysfunktionalen Denkmuster, wie z.B. das Grübeln, durch realistische und konstruktive Perspektiven ersetzt werden. Diese Intervention umfasst vier Komponenten:
- Wertfreie Exploration: In einem ersten Schritt werden die dysfunktionalen Gedanken identifiziert und vertieft herausgearbeitet, ohne diese bereits zu hinterfragen.
- Überprüfung der Gedanken: Den zweiten Schritt der kognitiven Umstrukturierung bildet die Disputation, d.h. die Gedanken werden hinterfragt und auf ihren Realitätswert hin überprüft. Dieser Prozess kann durch Einzeltechniken oder auch komplexe Disputationsstrategien erreicht werden. Eine solche Technik ist beispielsweise das empirische Disputieren, bei dem Beweise und Gegenbeweise für/gegen das aktuelle Denken herausgearbeitet werden. Während der Disputation soll der betroffenen Person nähergebracht werden, dass das grüblerische Denken nicht zielführend und realitätsnah ist – sondern das Gegenteil bewirkt.
- Aufbau alternativer Denkmuster: Für jedes Denkmuster, das bei der Disputation überprüft und als dysfunktional identifiziert wurde, werden realistischere und angemessenere Konzepte erarbeitet. Diese können anschliessend als Merksätze festgehalten werden.
- Training der neuen Konzepte: Zuletzt werden die neuen Konzepte trainiert, und zwar möglichst in den Situationen, in denen die Gedanken auftauchen. Das Training ermöglicht es den Patient/-innen, korrektive Erfahrungen mit den eigenen Gedanken zu machen.
Akzeptierende Haltung
Während bei der kognitiven Umstrukturierung die Inhalte der Gedanken bearbeitet werden, vermeiden akzeptierende Techniken die Gedankeninhalte grösstenteils. Die grüblerischen Gedanken werden von den Betroffenen oftmals als unkontrollierbar empfunden. Die Akzeptanz dieser Gedanken setzt an diesem Punkt an: Gemeinsam mit den Betroffenen wird trainiert, die Gedanken – wenn sie auftreten – als solche zu akzeptieren und zu realisieren, dass diese wieder verschwinden. Therapeut/-innen vergleichen die dysfunktionalen Gedanken häufig mit einer «Wolke», die kurzzeitig zwar die Sonne verdeckt, dann aber vom Wind weitergetragen wird.
Das Training einer akzeptierenden Haltung kann besonders bei schwer belasteten Patient/-innen hilfreich sein, bei welchen sich eine kognitive Umstrukturierung und somit die Auseinandersetzung mit dem Gedankeninhalt als schwierig erweist.
Medikamentöse Behandlung
Um die Belastung durch grüblerische Gedanken zu mindern, können auch psychopharmakologische Optionen eingesetzt werden. Angemessene Medikamente zur Behandlung des grüblerischen Denkprozesses behandeln die zugrundeliegende psychische Störung, wie eine Depression oder eine generalisierte Angststörung. Ziel der psychopharmakologischen und psychotherapeutischen Behandlung ist die Verbesserung der Lebensqualität und idealerweise eine nachhaltige Remission sowie Vermeidung von Rezidiven.