Intellektuelle Entwicklungsstörung: Therapie

Intellektuelle Entwicklungsstörung: Therapie

Im vierten Teil zum Thema Intellektuelle Entwicklungsstörungen wird auf die verschiedenen Therapiemöglichkeiten und was sie beinhalten eingegangen.

Teil 1: Ursachen und Häufigkeiten

Teil 2: Diagnostik

Teil 3: Psychiatrische Komorbiditäten

Die Therapie der Intellektuellen Entwicklungsstörung legt den Fokus auf vorhandene Beeinträchtigungen, wie z.B. Bewegungsstörungen, psychische Störungen, Verhaltensauffälligkeiten, umschriebene Entwicklungsstörungen motorischer Funktionen oder anderer somatischer Erkrankungen. Der Therapie muss immer eine umfangreiche Diagnostik vorausgehen, um einerseits die Defizite und andererseits die Ressourcen erkennen zu können. Der Gesundheitsfürsorge bei Menschen mit Intellektueller Entwicklungsstörung kommt eine besondere Bedeutung zu, da diese oftmals vernachlässigt wird. Weiter soll die Lebensqualität soweit möglich gefördert und problematische Symptome müssen gemindert werden. Gemäss den besonderen Förderbedürfnissen von Kindern und Jugendlichen muss ein geeignetes schulisches Umfeld geschaffen werden. Schliesslich soll eine bestmögliche Integration in den Arbeitsmarkt erfolgen. Es gibt unterschiedliche Behandlungsansätze im Rahmen einer Intellektuellen Entwicklungsstörung, die je nach Symptomatik und Verlauf indiziert sein können. Zu den Möglichkeiten gehören die Psychopharmakotherapie, die Psychotherapie, Ergotherapie, Logopädie und Physiotherapie. Im Folgenden werden die unterschiedlichen Behandlungsmöglichkeiten vorgestellt.

Psychopharmakotherapie
Es gibt keine Psychopharmakotherapie, die gezielt die kognitiven Einbussen bei einer Intellektuellen Entwicklungsstörung beeinflussen kann. Hingegen können spezifische psychopathologische Symptome und Verhaltensweisen durchaus durch Psychopharmaka verbessert werden. Bei Kindern und Jugendlichen kommen Medikamente am häufigsten in Zusammenhang mit aggressivem Verhalten zur Anwendung. Antipsychotika zeigen in Studien den besten Erfolg. Das Antipsychotikum Risperidon wird bei dieser Problematik häufig angewendet. Antipsychotika können auch zu einer Symptomminderung bei Hyperaktivität, Stereotypien, repetitiven Verhaltensweisen, Selbstverletzungen und Tics führen. Antidepressiva können Verbesserungen bei Depressionen, Zwängen und Verhaltensweisen mit häufigen Wiederholungen von Bewegungen oder im Sprechen (Perseverationen) bewirken. Weiterhin können Phasenprophylaktika (z.B. Lithium) eingesetzt werden. Sie bewirken eine Verbesserung bei starker Stimmungslabilität, aber auch bei Selbstverletzungen. Liegen begleitende hyperkinetische Störungen (ADHS) vor, so werden diese mit Stimulanzien behandelt. Da bei Menschen mit einer Intellektuellen Entwicklungsstörung häufiger Nebenwirkungen auftreten können, muss hierauf besonders geachtet werden.

Psychotherapie
Die Psychotherapie der Intellektuellen Entwicklungsstörung zielt auf Verhaltens- und Einstellungsänderungen ab. Primär sollen dabei psychisches Leid und problematische Verhaltensweisen reduziert werden. Dies kann wiederum zu einer Verbesserung des Anpassungsverhaltens und der Lernmöglichkeiten von Betroffenen führen. Ein besonderer Fokus ist auf die einfache und verständliche Vermittlung von Therapieinhalten zu legen. Die Therapie dreht sich um handlungsbezogene Prozesse im Gegensatz zur sonst häufig eingesetzten Reflexion von Sachverhalten. Bei Patienten mit Beeinträchtigung der Kommunikation kommen entsprechende Hilfsmittel zum Einsatz. Die Therapeuten nehmen eine stärkere Steuerungsfunktion ein als gewöhnlich. Diese hohe Strukturierung hat positive Effekte auf die Lernprozesse, bedarf jedoch auch einer besonderen Sensibilität auf Seiten des Therapeuten, um die Bedürfnisse des Patienten dennoch in den Vordergrund zu stellen. Bei Patienten mit schweren Ausprägungsformen reduzieren sich Anwendungen und Übungen auf einfache Handlungsabläufe. Allgemein ist es sinnvoll, Bezugspersonen mit einzubeziehen und die Therapie in den Alltag der Betroffenen einzubinden.

Damit durch Psychotherapie Veränderungen erzielt werden können, müssen sich Betroffene darauf einlassen können, einen Leidensdruck verspüren und eine Veränderungsmotivation aufbringen. Dies ist nicht in jedem Fall gegeben und erschwert oder verunmöglicht die therapeutische Arbeit. Eine besondere Bedeutung kommt dem Austausch zwischen Therapeuten und Bezugspersonen zu, um den Transfer in den Alltag zu unterstützen. Zudem haben auch Bezugspersonen oft Bedarf nach Beratung und Hilfestellungen.

Ergotherapie, Logopädie und Physiotherapie
Heilmitteltherapien kommen bei Betroffenen einer Intellektuellen Entwicklungsstörung häufig zum Einsatz. Sie dienen der besten Förderung und teilweise auch als Möglichkeit, Defizite gegenüber gleichaltrigen Kindern aufzuholen. Die Therapien finden häufig über einen langen Zeitraum statt. In der Ergotherapie wird versucht, durch ausgesuchte Materialien nach didaktischen Gesichtspunkten, in oft spielerisch gestalteten Lernsituationen, Übungen durchzuführen, welche die motorische, sensorische, geistige, soziale und emotionale Entwicklung fördern. Zur Sprachförderung gehören Übungen, welche die sensomotorischen Abläufe der Sprache aktivieren, wie z.B. die Atmung, das Kauen, das Schlucken und die Zungenmotorik sowie die Förderung der Lautbildung und schliesslich auch die Kommunikationsförderung zwischen Eltern und Kind, sowie eine Sprachtherapie und ggf. auch eine Hörfrühförderung. In der Physiotherapie wird eine ggf. notwendige Haltungs- und Bewegungsfähigkeit angebahnt. Die Eltern müssen dabei angeleitet werden, wie sie mit stark bewegungsretardierten Kindern beim Füttern, Baden, Lagern, Schlafen und bei der Haltung im Sitzen umzugehen haben, um zweckmässige Bewegungsfunktionen zu fördern und unnötige pathologische Bewegungsmuster zu vermeiden. Bei allen Therapien ist der Einbezug von Bezugspersonen sehr wichtig. Bezugspersonen kennen einerseits die Bedürfnisse und Wünsche der Kinder am besten und können andererseits dabei unterstützen, das Erlernte im Alltag zu üben und zu wiederholen. Die Therapien orientieren sich am Aktivitätsniveau und dem Ausmass der Teilhabe der Kinder. Das primäre Ziel ist die Verbesserung der Teilhabe der Betroffenen im Alltag. Das gleiche gilt auch für Erwachsene mit einer Intellektuellen Entwicklungsstörung.

Frühförderung
Heilpädagogische Frühförderung bietet Kindern, deren Eltern und anderen Bezugspersonen vielseitige Unterstützungsmöglichkeiten. Ziel ist es, die Selbstständigkeit und die Integration in die Gesellschaft zu fördern. Frühförderung beginnt ab der Geburt bis zwei Jahre nach Schuleintritt. Die Ressourcen eines Kindes sollen gefördert und alle Entwicklungsbereiche stimuliert werden. Gleichermassen werden die Eltern begleitet und in ihrer Erziehungs- und Handlungskompetenz gestärkt. Wichtig hierbei ist auch die interdisziplinäre Zusammenarbeit, um die Übergänge von der Kita in den Kindergarten und vom Kindergarten in die Schule sicherzustellen.

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