Non-Binarität und Geschlechtsidentitäten: Akzeptanz im Alltag

Non-Binarität und Geschlechtsidentitäten: Akzeptanz im Alltag

Ein Umfeld, das Kinder in ihrer Geschlechtsidentität akzeptiert und unterstützt, ist einer der stärksten protektiven Faktoren für eine gesunde Entwicklung.

Mangelnde Akzeptanz und Folgeprobleme
Ob sich ein geschlechtsinkongruentes Kind gesund entwickeln kann, ist laut aktueller Studienlage vor allen Dingen von der Akzeptanz des Umfelds abhängig. Fehlt diese Akzeptanz von Eltern, Geschwistern, Gleichaltrigen und Lehrpersonen begünstigt dies Depression und Suizidalität. Das Kind verinnerlicht das Gefühl «falsch zu sein», sich verstecken zu müssen und entwickelt dadurch einen tiefen Selbstwert. Häufig wird das Kind sozial unsicher und vulnerabler für Angsterkrankungen und Vermeidungsverhalten. In der Betreuung geschlechtsinkongruenter Kinder steht also nicht selten die Begleitung des Umfelds mit im Zentrum, um eine gesunde persönliche Entwicklung zu begünstigen.

Akzeptanz
Studien halten fest, dass Kinder mit Geschlechtsinkongruenz, die von ihren Eltern in ihrer Geschlechtsidentität akzeptiert und unterstützt werden, nicht mehr psychische Probleme entwickeln als geschlechtskongruente, gleichaltrige Kinder. Häufig fürchten Eltern künftigen medizinischen Behandlungsschritten zuzustimmen, wenn sie eine soziale Transition ihres Kindes unterstützen. Unter sozialer Transition versteht man den Wechsel der zugewiesenen Geschlechtsrolle, ohne dass dabei eine geschlechtsangleichende medizinische Behandlung vorgenommen wird. Dabei ändern sich beispielsweise Verhalten, Kleidung, Name oder Pronomen. Ein Kind so zu akzeptieren, wie es ist, bedeutet nicht, im Laufe dieses Begleitungsprozesses keine konstruktive Kritik mehr äussern zu dürfen. Fühlt sich das Kind voll akzeptiert, so braucht es den Eltern nichts zu beweisen und Ambivalenzen, die ein wichtiger Teil des Reifungsprozesses sind, können frei geäussert und geteilt werden. 

Sprache 
Eine gendersensible Sprache, die weder diskriminiert noch pathologisiert, ist nicht nur in der Medizin, sondern auch im Alltag ein einfaches Werkzeug, um Menschen gegenüber Respekt auszudrücken. Da sich (geschlechtssensible) Sprache schnell wandelt, ist es ganz natürlich dabei auch Fehler zu machen. Was zählt, ist die wertschätzende Bemühung und das offene Nachfragen. Es lohnt sich trans und nicht-binäre Menschen beim ersten Kontakt einfach zu fragen, mit welchem Pronomen die Person gerne angesprochen werden möchte. Das Englische bietet nebst den Pronomen he oder she zudem die geschlechtsneutralen Pronomen they/them, welche auch im Deutschen verwendet werden können (Mika kommt später. They hat den Zug verpasst.) Oder man verzichtet ganz auf Pronomen und wiederholt in jedem Satz den Namen der Person anstelle eines Pronomens (Mika kommt später. Mika hat den Zug verpasst.) Im Schweizerdeutschen bietet es sich an, auf einen Artikel vor dem Namen zu verzichten.

Alltag
Für geschlechtsinkongruente Kinder ist der Alltag oftmals voll von praktischen Herausforderungen. Welche Toilette wird benutzt? Welche Garderobe beim Sportunterricht? Welches Zimmer im Klassenlager? Fühlt man sich wohl in der Badi? Was ist mit dem obligatorischen Schwimmunterricht? Wo Mitspielen in der Schulpause? Um geschlechtsvariante Kinder im Alltag zu unterstützen, ist eine gute Kommunikation zwischen Eltern, Lehr- und Betreuungspersonen sowie Schulleitungen zentral. Es kann auch hilfreich sein proaktiv mit den Eltern der Mitschülerinnen und Mitschüler zu kommunizieren und das Thema Geschlechtsidentität offen mit der Klasse zu thematisieren. Wird ein Kind nicht nur durch seine Familie, sondern auch durch seine Peers unterstützt, so ist dies ein starker protektiver Faktor.

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