Schematherapie: Das Schemamodus-Modell

Schematherapie: Das Schemamodus-Modell

Teil 1: Einführung in die Schematherapie

Im ersten Teil wurde die Schematherapie eingeführt. Ein Schema ist eine Art Brille, durch die die Welt, andere Menschen und ihre Beziehungen gesehenwerden (grundsätzlich eine Zusammensetzung aus Erinnerungen, Kognitionen, Emotionen und Körperreaktionen). Ein Schema beeinflusst in hohem Masse die Wahrnehmung und Interpretation der Welt und der eigenen Person. Bei einem Schema handelt es sich um eine stabile und überdauernde individuelle thematische Sensibilität, die sich in der Kindheit und im Jugendalter entwickeln kann, wenn zentrale Grundbedürfnisse nicht erfüllt worden sind. Jedes ausgelöste Schema geht mit einer Schema-Bewältigungsreaktion (Überkompensation, Vermeidung, Erduldung) einher, sofern die Aktivierung nicht durch selbstregulatorische Strategien moduliert wird. Jeffrey Young, der Begründer der Schematherapie, beobachtete, dass beispielsweise bei einer Persönlichkeitsstörung mehrere Schemata zugleich aktiviert werden können, was unterschiedliche emotionale Zustände aktivieren kann. Um dies besser beschreiben zu können, entwickelte Young das Schemamodus-Modell. Schemamodi (kurz: Modi) beschreiben einen affektiven Zustand, der mit einem Schema verknüpft ist. Ein Modus stellt dabei – analog zum Konglomerat eines Schemas – ein Bündel aus Emotionen, Kognitionen, Körperempfindungen und Handlungstendenzen dar, das miteinander verflochten ist. Ein Schema ist eine stabile Eigenschaft, die sich in verschiedenen Situationen zeigen kann (dabei kann eine Person in verschiedene Modi gelangen und unterschiedlich schnell zwischen ihnen wechseln). 

Im Schemamodus-Modell werden vier Moduskategorien unterschieden:

Kindliche Modi: Die maladaptiven Kindmodi sind Ausdrucksformen von Emotionen, Kognitionen, Verhaltensweisen und Handlungstendenzen, die jemand auf eine Grundbedürfnisfrustration zeigen kann. Sie weisen in der Regel primäre Emotionen auf. Maladaptive Kindmodi sind mit unangenehmen Gefühlen assoziiert (übergeordnet Verletzbarkeit, Ärger oder Mangel an Disziplin). Wenn in der Kindheit erlebt wurde, dass Bedürfnisse chronisch frustriert wurden, werden die Kindmodi intensiver und im Kontext von dysfunktionalen Bewältigungsmodi reguliert.

Dysfunktionale Elternmodi: Sie entsprechen dem tiefenpsychologischen Konzept der Introjekte und äussern sich durch Selbstabwertung oder einer hohen, fordernden oder kritisierenden Anspruchshaltung. Die dysfunktionalen Elternmodi reflektieren die internalisierten negativen Annahmen über das Selbst, das aufgrund des Verhaltens und der Reaktionen anderer Bezugspersonen im Verlauf des Lebens erlernt wurde. Folglich empfinden betroffene Personen bei der Aktivierung dieses Modus verstärkt unangenehme Gefühle gegenüber sich selbst. Ein Beispiel ist der «fordernde Elternteil», wobei eine internalisierte kritisierende Stimme das Selbst herabwürdigt. 

Dysfunktionaler Bewältigungsmodus: Dysfunktionale Bewältigungsmodi sind Reaktionen auf Notlagen, die im Laufe der Zeit entwickelt und verstärkt werden. Sie werden unterteilt in Modi der Überkompensation, der Vermeidung oder Erduldung. Wenn eine Person ein ausgeglichenes Temperament und Erfolg in psychosozialen Interaktionen hat, wird sie dies in eine Gewohnheit umwandeln und einen leicht zugänglichen gesunden Erwachsenenmodus entwickeln. Wenn diese Interaktionen jedoch zu komplex oder schwierig sind, wird man beginnen, eine Reaktion auf seine Notlage zu entwickeln. Dabei kann sich jemand instinktiv zurückziehen (Flucht), den Verursacher seiner Not angreifen (Kampf) oder von seiner Erfahrung überwältigt werden (Erstarren). Diese Bewältigungsformen können durch relativ geringe Frustrationen ausgelöst und von Bezugspersonen ungewollt verstärkt werden. 

Wie bereits in Teil 1: Einführung beschrieben, wenden betroffene Personen bei einer Schemaaktivierung verschiedene Bewältigungsmechanismen an, um mit den unangenehmen Emotionen umgehen zu können und sich kurzfristig entlastet zu fühlen. Im dysfunktionalen Bewältigungsmodus werden diese Strategien übermässig eingesetzt. Beispiele von dysfunktionalen Bewältigungsmodi sind:

  • Bereitwillige Unterwerfung / Kapitulation (unterwürfiges Verhalten, wenig oder keine «Gegenwehr» bei negativem Umgang anderer zwecks Akzeptanz)
  • Distanzierter Beschützer (auf der Beziehungsebene kaum zu erreichen zwecks Schutzbedürftigkeit)
  • Distanzierter Selbstberuhigung (bspw. übermässig Beschäftigung mit Computerspielen zwecks Ablenkung)

Gesunder Erwachsenenmodus: Der gesunde Erwachsenenmodus ist gekennzeichnet durch ein adäquates emotionales Erleben und funktionales Handeln. 

Das Schemamodus-Modell hat den Vorteil, dass der aktuelle emotionale Zustand der betroffenen Person eingeordnet, visualisiert und in der Therapie thematisiert werden kann. Ausserdem lassen sich Interventionen dem jeweils im Vordergrund stehenden Modus anpassen. Im dritten Teil beschreibt der Clienia-Blog das therapeutische Vorgehen in einer Schematherapie.

 Teil 3: Therapeutischer Prozess

Teil 4: Geschichte eines Patienten

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