Teil 2: Das Schemamodus-Modell
Wie in den ersten Teilen dieser Blog-Reihe dargestellt, stehen im Zentrum der Schematherapie die Schemata – also tief verankerte Glaubenssätze, die sich durch unerfüllte Bedürfnisse entwickeln. Ziele der Schematherapie sind die gemeinsame Erarbeitung unerfüllter Bedürfnisse, ein Verständnis wie sich die dysfunktionalen Schemata / Modi entwickelt haben, wie einschränkend die Schemata / Modi gegenwärtig sind, und letztlich wie Bedürfnisse angemessen erfüllt werden können.
Im folgenden Beitrag beschreibt der Clienia-Blog den therapeutischen Prozess der Schematherapie.
In der Schematherapie sollen maladaptive Erlebens- wie Verhaltensmuster, die im Rahmen der biografischen Lebensgeschichte entstanden sind, bewusst gemacht werden, um eine förderliche Emotionsregulation zu entwickeln und Verhaltensweisen zu etablieren, die langfristig eine Befriedigung der Grundbedürfnisse ermöglichen. Es wird davon ausgegangen, dass die Patientin / der Patient in der Kindheit bezüglich wichtiger Grundbedürfnisse frustriert wurde, weshalb das Konzept der begrenzten elterlichen Fürsorge eine tragende Rolle in der therapeutischen Beziehung spielt. Auf Basis dieser vertrauensvollen therapeutischen Beziehung werden die aktuellen Probleme mit Modi in Verbindung gebracht und ein individuelles Modus-Modell erarbeitet. Dabei stehen in der Regel zunächst die Bewältigungsmodi im Fokus, wobei diese identifiziert und über Vor- und Nachteile evaluiert werden. Die dysfunktionalen Bewältigungsmodi gilt es folglich soweit zu modulieren, dass eine emotionale und bedürfnisorientierte Hinwendung stattfinden kann, um verletzte Kindmodi heilen zu können (bspw. mit der Methode des imaginativen Überschreibens und auf Modus-Ebene mit Unterstützung des gesunden Erwachsenen). Anschliessend gilt es die dysfunktionalen Elternmodi zu begrenzen, um deren emotionalen Einfluss zu reduzieren. Es wird in der Schematherapie davon ausgegangen, dass die emotionale Modulation eine notwendige Voraussetzung für die folgenden Verhaltensänderungen als auch die Etablierung funktionaler sozialer Beziehungen darstellt.
In der Schematherapie werden Interventionstechniken auf unterschiedlichen Ebenen angewendet, wobei die Modi spezifisch als auch die dazugehörenden Schemata zielgerichtet über die Gestaltung der therapeutischen Beziehung und mit emotionsfokussierten und kognitiv-behavioralen Techniken bearbeitet werden.
Auf der kognitiven Interventionsebene werden die Eigenschaften und der biografische Hintergrund der Modi erarbeitet und damit zusammenhängende kognitive Verzerrungen korrigiert (bspw. „Ich muss beruflich erfolgreich sein“ als typische Kognition des fordernden Elternmodus). In diesem Kontext werden hauptsächlich Techniken der kognitiven Psychotherapie eingesetzt (bspw. Bearbeitung von schwarz-weiss Denkmustern, Analyse von selektiven Aufmerksamkeitsprozessen, Dreispaltentechnik).
Interventionen auf der Verhaltensebene beinhalten verhaltenstherapeutische Techniken, die symptomatisches Verhalten reduzieren sollen, das gehäuft mit dysfunktionalen Bewältigungsmodi im Zusammenhang steht. So kann soziales Kompetenztraining zum adäquaten Durchsetzen eigener Bedürfnisse oder das Erlernen von Emotionsregulationsstrategien zum Reduzieren von selbstschädigendes Verhalten eingesetzt werden.
Die emotionale Interventionsebene stellt einen Schwerpunkt in der Schematherapie dar. Auf dieser Ebene liegt der Fokus auf Kind- und Elternmodi, da diese mit den intensivsten Gefühlen verbunden sind. Therapeutische Strategien sind hier bspw. das imaginative Überschreiben oder Stuhldialoge. Im Rahmen von emotionalen psychotherapeutischen Herangehensweisen werden problematische Gefühle zunächst aktualisiert, geklärt und prozessiert, um sie weiter aktiv adaptieren zu können.
Die Schematherapie ist ein störungsübergreifendes Konzept und kann sowohl im Einzel- als auch Gruppensetting angewendet werden.